Ihr Name – sein Name? Alles Schall und Rauch
Spätestens irgendwann nach der Verlobung kommt die Frage: Nehmen wir nach der Hochzeit deinen oder meinen Namen an? Oder behältst du deinen und ich meinen? Oder machen wir einen Doppelnamen? So viele Möglichkeiten! Und vor allem Frauen kommen bei dieser Entscheidung ins große Hadern. Aber warum? Um mich bei Goethes „Faust“ zu bedienen: Ein Name ist Schall und Rauch.
Auch wir haben schon vor unserer Verlobung überlegt, welchen Namen wir annehmen wollen, später wurde es dann wirklich ernst. Tatsächlich brachte die Frage mich, die Frau, mehr ins Grübeln. Für ihn war es ziemlich klar, seinen Namen – manche mögen ihn auch schon fast als Sammelbegriff bezeichnen – zu behalten. Aber: Hätte ich wirklich meinen Namen behalten wollen, hätte er ihn womöglich angenommen.
Alles ist möglich
Die Entscheidung habe ich mir nicht einfach gemacht. Möglichkeit 1: ein Doppelname. Kam für mich absolut nicht infrage. Dazu habe ich immer meine Mutter im Hinterkopf: „Frauen mit Doppelnamen – da weiß man gleich schon, die sind schwierig“, hat sie mir schon als Kind mal erzählt. Davon kann jeder halten, was er will, aber manche Klischees bleiben einfach haften.
Ich schwankte eher zwischen den beiden anderen Alternativen. Möglichkeit 2: Jeder behält seinen Namen. Eigentlich eine schöne und moderne Variante. Ich finde es toll, dass so was heute geht. Und es macht alles irgendwie einfacher. Mir graust es vor den vielen Telefonaten nach der Hochzeit, weil ich überall meine Namensänderung angeben muss. Behält jeder seinen Nachnamen bleibt einem das erspart, es gibt keine Diskussion, keiner muss sich Sorgen machen, seine „Identität“ aufzugeben.
Doch dann kam für mich das Aber. Für mich ist die Hochzeit ganz klassisch auch das Ereignis, das zeigt, dass wir von jetzt an für immer zusammengehören. Das darf sich dann gerne im gemeinsamen Familiennamen ausdrücken. Danach sind wir dann Familie Schulz. Ist doch schön. Ein bisschen Tradition und Spießigkeit darf es auch in unserem modernen Leben gerne noch geben. Außerdem ist der Rest der Welt noch lange nicht so modern wie wir. Wie wird das im Kindergarten? Trägt unser Nachwuchs dann meinen oder seinen Namen? Wie reagieren die Erzieher, wenn der Name des Kindes und der des Elternteils nicht zusammenpassen? Wahrscheinlich sind das total unsinnige und überflüssige Sorgen, aber solche Gedanken kommen mir nun mal.
Bleibt also noch Möglichkeit 3: Der eine Partner nimmt den Namen des anderen an.
Nennt mich Schulz!
Wir haben uns entschieden und werden zukünftig Familie Schulz sein. Tatsächlich habe ich zu dem Namen wenig Bezug. Mein Mathelehrer hieß so. Aber ich mochte Mathe. Also kein Drama. Für meinen Verlobten ist es der Nachname seines richtigen Vaters, zu dem er aber so gut wie keinen Kontakt hat. Seine Mutter hat nach erneuter Heirat einen anderen Namen angenommen. Eigentlich sollte es somit eher er sein, der etwas gegen seinen Nachnamen hat. Doch er ist einfach zu verbreitet, um irgendwelche negativen Assoziationen mit sich zu bringen.
Ziemlich typisch deutsch, aber nicht ansatzweise so verbreitet ist mein Familienname. Der lässt sich tatsächlich halbwegs auf einen gemeinsamen Stammbaum zurückführen, ist heute in Südwest-Brandenburg – wo ich herkomme – und in Teilen Baden-Württembergs vertreten und als eher selten zu bezeichnen. Ich muss ihn also jedes Mal buchstabieren. Das nervt. Ja, man kann sich sicher darüber besser identifizieren als über „Schulz“, aber was sagt der Name am Ende? Das ich aus der brandenburgischen Pampa komme und einen dörflichen Background habe? Und besonders klangvoll ist er nicht. Also Schulz.
Feminismus-Debatte? Nein, danke!
Meine Wahl versteht nicht jeder. „Warum denn dieser langweilige Nachname?“, wurde ich gefragt. „Bleib doch lieber bei deinem außergewöhnlichen.“ Und irgendwie hätte ich den Namen meines Vaters auch gerne weitergetragen, schließlich sollte auch das Seltene überleben, sonst heißen ja alle irgendwann Schulz, Meier, Müller. Doch der traditionelle Weg erschien mir am Ende als der richtige.
Ich lese immer wieder auf verschiedenen Seiten das Plädoyer für den Feminismus: Behaltet euren Namen! Lasst doch den Mann euren Namen annehmen! Nieder mit dem Patriarchat und der von Männern dominierten, alten Welt! Ich bin eine Frau, die Fest im Leben steht, die ihren Weg gemacht hat und sich schon in jungen Jahren eine Führungsrolle erarbeitet hat. Ich weiß, was ich will und was ich nicht will. Haue ich die Frauenrechte über den Haufen, nur weil ich mich meinem Mann „unterordne“, indem ich seinen Namen tragen werde? Für mich hat das damit wenig mit Emanzipation zu tun, auf den Namen des Vaters zu bestehen. Ich definiere doch nicht mich oder meine Geschlechtsgenossinnen über ihren Namen. Und Frauen wie mich zu verteufeln, weil sie die neu errungenen Rechte der Damenwelt nicht wahrnehmen? Also bitte…
Bloß nicht überstürzen
Am Ende kommt mir dazu noch ein anderes literarisch schwergewichtiges Zitat in den Sinn: Während die meisten sicher den Ausspruch Julias kennen, die einen Vergleich zwischen Romeos Namen und dem der Rose kennen, so würde ich auch Romeos Antwort sofort unterschreiben: „Durch einen Namen weiß ich dir nicht zu sagen, wer ich bin…“ Also was soll’s. Was bedeutet ein Name schon? Sich über den Namen zu definieren, halte ich für eher falsch. Er sagt aus, wo man her kommt – nicht wohin man will. Für uns beide war immer Letzteres wichtig.
Hätte ich einen besonders klangvollen italienischen oder französischen Namen gehabt, hätte ich womöglich gern behalten wollen. Einfach aus persönlicher Vorliebe. Und das zeigt nach all dem Gerede, worum es wirklich geht: Ihr müsst euch mit eurer Entscheidung wohl fühlen. Es geht um den Namen, den ihr im besten Fall vielleicht die nächsten 60 Jahre tragt. Die Wahl sollte meiner Meinung nach deshalb keineswegs überstürzt werden. Sprecht zusammen darüber und geht die verschiedenen Möglichkeiten durch. Und nehmt das, womit beide den Rest eures Lebens gut leben können.
Eure Bald-Frau-Schulz
Laura